Archiv Transalp.info by Andreas Albrecht

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Transalp 2003 - International
 

Transalp 2003 - International: Garmisch - Passo Gavia - Gardasee

Das wichtigste in Kürze

Strecke Garmisch- Fernpass - Landeck - Ischgl - Fimberpass - Scoul - Passo Costainas - St. Maria - Val Mora - Val Rezzalo - Passo Gavia - Val di Sole - Madonna di Campiglio - Gardasee
Länge 425 km
Höhenmeter 10.844 hm
Termin 12.-18. Juli 2003
Etappen (7)
Tag Strecke km hm
1.Tag Garmisch-Partenkirchen - Fern-Pass - Schloss Fernstein - Strad - Imst - Landeck 81 956
2.Tag Landeck - Tobadill - See - Ischgl - Fimbertal - Heidelberger Hütte 46 1999
3.Tag Heidelberger Hütte - Fimber-Pass - Ramosch - Scoul - S-charl - Pass da Costainas - Lü - St. Maria im Münstertal 64 1702
4.Tag St. Maria im Münstertal - Val Mora - Lago Cancano - Bormio - Val di Rezzalo 72 2074
5.Tag Val di Rezzalo - Passo dell' Alpe - Gaviapass - Ponte di Legno 32 1155
6.Tag Ponte di Legno - Passo Tonale - Val di Sole - Dimaro - Madonna di Campiglio 58 1594
7.Tag Madonna di Campiglio - Val d'Agola - Passo Bregn de l'Ors - Rif. Ghedina (Val d'Algone) - Stenico - Ponte Arche - Dasindo - Val di Lomasone - Tenno- Riva - Torbole 72 1364
Detail-Infos zum Nachfahren der Tagesetappen siehe Verweise im Tourbericht
Tourplanung Andreas Albrecht
Tourführung Andreas Albrecht
Teilnehmer
  • Rüdiger Hampe (Halberstadt)
  • Julia Feistner (Halberstadt)
  • David Strixner (München)
  • Uwe Richter (Belgien)
  • Uli Reimelt (Gelnhausen)
  • Matthias Beckerhinn (Wien)

Tourbericht

"Wo gehobelt wird, fallen Späne."
Deutsche Spruchweisheit, neu ins Rennen geschickt von: Uli "La Grappa" Reimelt

Prolog
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Rüdiger Hampe gab den Impuls für diese Tour

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Wenn man so oft Transalps gefahren ist wie ich, glaubt man, dass kaum noch eine Steigerung des Erlebens möglich ist. Insbesondere wenn man die Route schon kennt. In diesem Juli 2003 kam aber soviel Gutes zusammen:
  • das Wetter war größtenteils sonnig, warm und stabil
  • die internationale Gruppe mit Teilnehmern aus 3 Ländern harmonierte hervorragend miteinander
  • ein veränderter Routenabschnitt führte uns zu einer unvergesslichen Hüttenübernachtung im einsamen Val di Rezzalo
  • und nicht zuletzt blieben wir von größeren Pannen verschont
Nur Uli hatte am vorletzten Tag ein wenig Sturzpech. Es ging aber glimpflich aus und er biss sich mit leichten Blessuren durch bis an den Gardasee. Mit Fug und Recht durfte er deshalb das Motto der Tour bestimmen: Wo gehobelt wird, fallen Späne.

Die besondere Leistung von Rüdiger und seiner Frau Julia auf dieser Tour muss an dieser Stelle hervorgehoben werden, da sie ja quasi den Anstoß für den Termin dieser Transalp gaben. Beide haben einen anspruchsvollen Transalp erfolgreich absolviert. Rüdiger trägt einen Herzschrittmacher (Hintergrundinfos am Ende des Berichts:). Deshalb habe ich für beide an einigen Stellen die Tagesetappen entschärft (Seilbahn, Bus-, bzw. Autotransfer durch seinen Sohn Mike). Das habe ich im übrigen bei vorangegangen Touren auch ab und an so gehandhabt und schmälert ihre Leistung in keiner Weise. Die landschaftlichen Highlights und höchsten Pässe haben wir alle gemeinsam er-"fahren", so dass uns die Eindrücke dieser gelungenen Transalp noch lange in Erinnerung bleiben werden.
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1. Tag: Römerwege
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Schloß Fernstein
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Unsere kleine internationale Gruppe traf sich wie üblich 10 Uhr in Garmisch-Partenkirchen . Der Wetterbericht verhieß für die folgenden Tage ein stabiles Hoch über den Alpen. Die Sonne ließ die Berge in voller Pracht erstrahlen. Ein herrlicher Sommertag begann. Erwartungsfroh trafen Uwe aus Belgien, Rüdiger, Julia, Uli sowie David (der schon im letzten Jahr dabei war) ein.
Wir sollten nicht die einzigen auf dieser, "meiner" klassischen Transalproute bleiben. Ein Zweierteam aus dem Erzgebirge, eine Vierergruppe aus Ingolstadt fuhren ihren ersten Transalp fast bis ins letzte Detail nach dem downgeloadeten Roadbook auf der Route meiner Transalp 2002-1. So konnten wir abends in den Unterkünften ein wenig fachsimpeln.
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Inn-Tal
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Der erste Tag nach Landeck wurde von mir bewusst so konzipiert, dass alle Anforderungen "meiner" Transalps vorkommen, aber nicht geballt auftreten. Dadurch kann ich einen guten Überblick über das fahrtechnischen Können und den konditionellen Zustand der Gruppenmitglieder gewinnen.

Über den Radweg gelangten wir schnell nach Ehrwald, wo wir Verpflegung für unser erstes Picknick im Grünen einkauften. Dann bewältigten wir die ersten Schotteranstiege auf der "Via Claudia" und die sagenhafte Trailabfahrt über die Spuren der alten Römerkarren nach dem Pass, die direkt durch das Schloss Fernstein führte. Rüdiger und Julia fuhren streng nach Pulsuhr, damit sie in ihrem optimalen Leistungsbereich bleiben. Auf der Flachstrecke des Inn-Tal-Radweges radelten wir dann bei großer Hitze und mit moderatem Tempo bis Landeck. Entspannt bezogen wir das bewährte Quartier im komfortablen Hotel "Mozart". Nach dem reichhaltigen Abendessen ließen wir dann auf der Hotelterrasse vor der traumhaften Alpenkulisse den ersten Tag Revue passieren. Gegen 22.00 Uhr gesellte sich dann Matthias aus Österreich zu uns.
Tourdetails: (Roadbook - Höhenprofil - Landkarte)
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2. Tag: Grüne Grenzen
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Tobadill
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Matthias aus Wien war erst am vergangenen Montag zu unserer Gruppe dazugestoßen. Die Planungen mit Freunden für seine erste Transalp hatten sich zerschlagen. Sein Urlaub war eingereicht, er suchte und fand kurzfristig Anschluss bei meiner Transalp. Ein paar emails hin und her, ein längeres Telefonat und ich hatte das sichere Gefühl, das er gut in die Gruppe passen würde. Mein Gefühl hatte mich nicht getrogen.

Heute stand die Bergankunft an der Heidelberger Hütte auf dem Programm. Doch zunächst wartete der Anstieg über Tobadill nach Hintergiggl zum "Almstüberl" auf uns. Leider war die urige Jausenstation nicht mehr bewirtschaftet, wahrscheinlich rentierte sich der Betrieb nicht mehr. Diese Streckenführung ist trotzdem lohnenswert. Wie auf einem Balkon zog das Panorama der Alpengipfel an uns vorüber.
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Grüne Grenze CH/A
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Nach kurzer Rast befuhren wir dann einen schmalen Trail. Julia verschwand beim Losfahren mit dem Fahrrad hangabwärts kurz ins Gebüsch. Der Schreck war groß, doch passiert war nichts, nur der Radcomputer fehlte für den Rest der Tour. Wir zogen es daraufhin vor, die kurze Passage über 2 Gebirgsbäche und dann steil durch den Wald hinab größtenteils zu schieben. Kurz vor Frodenegg war der Weg dann wieder fahrbar. Schnell erreichten wir bergab bei der Ortschaft See die Hauptstraße des Paznaun-Tals. Wie ich im letzten Jahr schon festgestellt hatte, gibt es keine sinnvolle Alternative bis Ischgl als auf der mäßig befahrenen Straße zu nehmen. Jeder rollte in seinem Tempo bis zur Tankstelle am Ortseingang, wo wir rasteten.
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Weg zur Heidelberger Hütte
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Es hatte sich herausgestellt, dass Selbstverpflegung tagsüber am sinnvollsten ist, nicht nur aus finanziellen Erwägungen heraus. Man ist so flexibler mit den Pausenzeiten und gerade bei großer Hitze verträgt man mehrere kleine Mahlzeiten besser als eine reichhaltige Portion zu Mittag. Außerdem werden dadurch die Pausen nicht zu lang, was einen sonst leicht aus dem Rhythmus bringen kann. Am zu Beginn extrem steilen Anstieg von Ischgl ins Fimbertal entschlossen sich Rüdiger und Julia nach Konsultation ihrer Pulsmesser richtigerweise schnell, als Alternative die Seilbahn bis zur Mittelstation zu nehmen. Der Weg zum Bodenhaus ist ab hier anspruchsvoll genug. Nach der Kaffeerast auf der Sonnenterasse dieses ruhigen Gasthauses standen uns noch gut 400 Höhenmeter Schotterpiste bevor, was aber für keinen von uns ein ernsthaftes Problem darstellt.
Nach Passieren der grünen Grenze zur Schweiz und einigen Fotostopps trudelten alle nach und nach an der Heidelberger Hütte ein. Die Unterkunft im Massenlager war rechtzeitig von mir telefonisch reserviert worden. Diese strategisch günstig am Fimber-Pass gelegene Hütte wird von Bikern stark frequentiert. Diesmal zählte ich an die 50 Mountainbikes, deren Besitzer hier übernachteten. Dazu kamen noch einmal so viele Wanderer. Die Hütte war trotzdem noch nicht überbelegt. Jedenfalls wurde heute die Einsamkeit und Stille der Berge zum Massenerlebnis.
Tourdetails: (Roadbook - Höhenprofil - Landkarte)
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3. Tag: Hochalpine Pässe
Der heutige Tag hielt mit zwei hochalpinen Pässen Schotterpisten und Trails vom Feinsten bereit.
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Trail ins Engadin
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So kam endlich Uwe aus Belgien voll auf seine Kosten. Sein Fully ist von der Geometrie her für eher Abfahrten konstruiert, so dass er am sagenhaften Downhill vom Fimber-Pass bis zur Alp Chöglias seine fahrtechnischen Stärken voll zur Geltung bringen konnte. An der unscheinbaren Hütte war allgemeines Sammeln angesagt. Jeder musste bei dieser Abfahrt für sich selbst entscheiden, wieviel man sich schiebend oder fahrend zumuten wollte. Seit Wochen herrschte in den Alpen große Trockenheit. Die Pisten waren deshalb zwar nicht seifig, aber staubtrocken und wenig griffig. An der berühmten Bachbrücke war natürlich Fotostopp.

Ab Griosch fuhren wir diesmal direkt nach Ramosch ab, um via Straße noch rechtzeitig vor der Mittagspause am Supermarkt in Scoul zu sein. Wir verpflegten uns wieder für das spätere Picknick und ich erkundigte mich nach der Bus-Alternative für Rüdiger und Julia bis S-charl.
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Bachbrücke nach Fimber-Pass (Julia) zum Vergrößern klicken
Denn eindrucksvollen Pass da Costainas mussten und wollten wir gemeinsam bezwingen, damit wir ins Val Müstair gelangten. Nahezu zeitgleich trafen wir am Dorfbrunnen von S-charl wieder zusammen, um uns für die Fahrt über einen der schönsten autofreien und trotzdem fahrbaren Pässe des Hauptalpenkamms zu rüsten.
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Uli kurz nach S-charl
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Ohne fahrtechnische Probleme führte der Schotterweg zunächst durch blühende Almwiesen am gurgelnden Bergbach entlang. Bei diesen hochsommerlichen Temperaturen eine willkommene Möglichkeit zur Erfrischung für Uli. Nach einem kurzen steilen Stück kam dann schon die Alp Astras in Sicht. Ab hier führte nach einer kurzen Querung der Almwiese ein wunderschöner Trail zuerst durch ein Krüppelkiefer-Wäldchen und später über freies Gelände fahrbar bis zur Passhöhe auf 2250 m. Bei diesem Wetter ein Traum.

An der Pass-Höhe schickte ich David mit Uwe, Uli und Matthias voraus, damit sie schon die Esswaren für die abendliche Pasta-Party in der urgemütlichen Jugendherberge "Chasa Plaz" in St. Maria einkaufen. Ich bildete bei der im oberen Teil anspruchsvollen Abfahrt die Nachhut. Ich wollte sicher sein, dass auch Julia wohlbehalten unten ankommt.
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Jugendherberge : Chasa Plaz
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In St. Maria freute ich mich auf das Wiedersehen mit Frau Tinner, die in ihrer stillen, herzlichen Art eine der schönsten Jugendherbergen betreut, die ich kenne. Diesmal ist JH gut belegt, nicht zuletzt durch einige Transalpler, die sich an meiner Route von 2002 orientierten. Für mich ist es ein schönes Gefühl der Bestätigung, dass diese Streckenführung offenkundig auch von vielen anderen als das angenommen wird, was sie ist: eine Traumtour Transalp. Schließlich habe ich lange an einer nahezu optimalen Route gearbeitet, die durch die schönsten autofreien Teile dieser Alpenregion führt, einen anspruchsvollen Charakter hat und trotzdem für Biker mit unterschiedlichen Leistungsvoraussetzungen er-"fahr"-bar ist. Uwe bereitete eine hervorragende Pasta-Sauce für die Spagetti zu. Er hatte extra ein paar Spezialgewürze von zu Hause mitgenommen. Allen schmeckte es hervorragend unter freiem Himmel mit Blick auf die Gipfelwelt der Dreitausender.
Tourdetails: (Roadbook - Höhenprofil - Landkarte)
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4. Tag: Stille Hochtäler
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Val Mora zum Vergrößern klicken
Das Hochtäler Val Mora und Val di Rezzalo sind zwei der einsamsten und beeindruckendsten Hochtäler der Alpen, die bikertauglich sind. Heute sollten wir sie beide befahren. Gleichzeitig würden wir uns an den Torri di Fraele von der Routenführung des Transalps 2002 verabschieden. Doch zunächst bissen wir uns alle die 900 Höhenmeter auf Schotter hinauf zum Döss Radond. Eine starke Leistung von Julia und Rüdiger. Auch Uwe musste sich mit seinem Freeride-Bike heute etwas quälen. Er wurde in den nächsten Tagen aber immer stärker am Berg. David kannte den Anstieg schon vom letzten Jahr. Diesmal konnte er den Schotter-Uphill so richtig genießen. Ich legte am Flachstück an der Alpe Pra de Vau eine willkommene Pause ein, um auf die letzten am Berg zu warten. Uli hatte mich gestern Abend dazu verleitet, auch noch die letzte Flasche Rotwein mit in Angriff zu nehmen. Ein kleines beständiges Stechen hinter der rechten Stirnhälfte signalisierte mir, dass ich wohl besser bei meinen Vorsätzen von der Transdolomiti 2002 geblieben wäre und mich mit Radler als Getränk begnügt hätte. Aber wie heißt es: Ich kann allem widerstehen, nur nicht der Versuchung.
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Traumabfahrt im Val Mora
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Am Döss Radond waren dann alle Reste endgültig aus den Körper geschwitzt und es begann die entspannte Abfahrt auf der mit Kuhfladen unterschiedlichster Konsistenz übersäten Schotterpiste. Die alpine Kulisse sucht ihresgleichen. Aus der Schotterpiste wurde eine Wiesentrail, der sich später durch Krüppelkiefern schlängelte. Ab der Bachbrücke wird das Tal schmaler, der Pfad zieht sich an der linken Fluss-Seite durch die Geröllhalden und zwingt einen ab und an zum Absteigen. Am Passo Val Mora, der grünen Grenze zu Italien war der Spaß heute leider erst mal vorbei. Ein giftiger, kühler Gegenwind bewirkte, dass die Gruppe sich bis zu den Stauseen weit auseinander zog. Am Rif. Fraele machten wir das einzige Mal auf dieser Tour Mittagsrast in einer Gaststätte. An den Torri di Fraele begann meine neue Tourvariante. Wir befuhren die berühmten Schotterserpentinen hinab nach Premadio. Da es seit Wochen nicht mehr richtig geregnet hatte, waren diese sehr staubig. Julia und Rüdiger verzichteten auf die ehrlich gesagt wenig beeindruckende Abfahrt und legten einen Autotransfer bis nach Fumero im Val di Rezzalo ein.
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Traumpfade im Val Mora
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Ein schneller Straßentransfer über Bormio brachte uns mit ein paar hässlichen Gegenanstiegen das Tal hinab nach Le Prese. Hier begann es zu tröpfeln. Wir legten vor dem Schlussanstieg ins Val di Rezzalo eine willkommene Kaffeepause ein. Es warteten noch einmal rund 900 Höhenmeter auf uns. Diese einsame Hochtal stellt eine Querverbindung für Mountainbiker zur Gavia-Pass-Straße dar. Bei meiner Transalp 2001 war ich das erste Mal hier lang gefahren. Diesmal würden wir im Hochtal übernachten.

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La Baita im einsamen Val Rezzalo
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Rüdiger und Julia hatten mich per SMS informiert, dass sie schon am Beginn der Schotterpiste bei Fumero waren und langsam die letzten rund 350 Höhenmeter bis zu unserer Unterkunft in Angriff nehmen würden. Uns standen zusätzlich ca. 500 Höhenmeter auf Asphalt bevor. Der Regen verzog sich. Jeder kurbelte nun in seinem Tempo das kaum befahrene Nebensträßchen hoch. Ich wartete in Fumero, bis jeder da war und schickte einen nach den anderen auf den eindeutigen Weg ins einsame gelegene Hochtal des Val Rezzalo. Nur im Sommer bewohnt, betreiben die Leute hier ursprüngliche Landwirtschaft. Es gibt keine Stromleitung und kein Telefon. Der Hüttenwirt von "La Baita" Alessandro hat eine autarke Stromversorgung. Eine wassergetriebene Turbine liefert 5 kW. Das reicht für Licht, Kochen und Warmwasser. Der Empfang war herzlich und alle waren begeistert von der Unterkunft. Eine warme Dusche weckte die Lebensgeister. Wir waren die einzigen Gäste und genossen die Stille und ursprüngliche Umgebung des friedlichen Tals. Das Abendessen bestand aus selbsthergestelltem Bergkäse und Wurst. Dazu gab es frischen Salat und als warmes Gericht eine Art Hüttenmakkaroni, alles sehr lecker. Alles in allem sehr empfehlenswert.
Tourdetails:(Roadbook - Höhenprofil - Landkarte)
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5. Tag: Gletscherblicke
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Morgenstimmung im Val Rezzalo
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Nachdem es in der Nacht geregnet hatte, stiegen Nebelschwaden aus den feuchten Almwiesen und verliehen der Szenerie eine märchenhafte Stimmung (Bild).
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Bad im einsamen Val Rezzalo
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Der Luftdruck war über Nacht leicht angestiegen und an den Wolkenentwicklungen konnte ich erkennen, dass nur eine lokale Störung für das dringend notwendige Nass verantwortlich war. Im Laufe des Anstieges zum Passo dell'Alpe klart es immer mehr auf und wir bekamen wieder eine einen schönen Sommertag geschenkt. Bei meiner Transalp 2001 hatte ich diesen einsamen Passübergang für mich entdeckt und wußte gleich: Hier komme ich noch mal lang. Die alte Militärpiste führt über zwei Steilstücke mit anschließenden Plateaus zügig in die hochalpine Welt des Gavia-Gebietes. Für konditionsstarke Biker mit wenig Gepäck dürfte der Übergang sogar zu großen Teilen fahrbar sein.

Wir hatten es heute nicht eilig, es sollte ein ruhiger Tag werden. Wir legten ab und zu Pausen ein, um die angenehme morgendliche Stimmung auf uns wirken zu lassen. Nach und nach wurde es wieder wärmer. Julia und Uli gingen mit der Erfrischung durch Wasser recht unterschiedlich um.
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Durst im einsamen Val Rezzalo
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Vor Passo dell'Alpe
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Am Pass trafen wir dann nacheinander innerhalb von 10 Minuten ein, überwältigt von den Eindrücken hier weit oben. Noch sind Gletscherreste zu sehen. In Lagen unter 3000 m werden diese wohl bald verschwunden sein. Die Abfahrt zu Gavia-Pass ist technisch nicht übermäßig kompliziert und erfreute das Downhill-Herz von Uwe. An einer Bachbrücke sollte man nach links den Wiesenhang ein Stück aufwärts queren. Dann erwischt man einen Jeep-Weg zur Pass-Straße, die schon in Sichtweite ist.

Auf ca. 2300m Höhe erreicht man die berühmte Straße. Seit Mitte der 1980er Jahre ist sie nach und nach leider asphaltiert worden, als im Nachbartal ein gewaltiger Erdrutsch die Straßenverbindung nach Bormio unterbrochen hatte. Der Auto- und Motorradverkehr bleibt zum Glück eher spärlich, vor allem weil die Strecke hinab nach Ponte di Legno teilweise so schmal ist, dass nur Platz für ein Auto ist.Ich vergewisserte mich, dass alle wohlbehalten die Straße erreicht hatten. Nächster Treffpunkt war das Rif. Bonetta direkt an der Pass-Höhe von 2652 m.
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Passo dell'Alpe (Matthias) zum Vergrößern klicken
Unglaublich, doch es war in der Sonne trotz des höchsten Punktes dieser Transalp so angenehm war, dass wir fast 2 Stunden hier verweilten. Vor uns lag nur noch die rauschende Abfahrt auf den Spuren eines Klassikers des Giro d'Italia.

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Tunnelumfahrung am Gavia
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In Ponte di Legno fanden wir in der Altstadt auf Anhieb Unterkunft in der Albergo "Cervo", die den leicht angestaubten Charme alter italienischer Filme aus den 1950er Jahren verströmt. Die Stimmung war herzlich, die Zimmer einfach und sauber; an der Etagendusche kam auch jeder mal dran. Am Nachmittag bummelten wir durch den gepflegten Ort und kauften für das Picknick am nächsten Tage ein. Wie es in den italienischen Städtchen fast zwangsläufig der Fall ist, fanden wir uns schließlich alle am zentralen Platz ein. Im Schatten tranken wir unseren Espresso und gaben uns dem südlandischen Lebensgefühl hin: "dolce far niente".
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6. Tag: Felsentürme
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Rast am Passo Tonale
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Nach dem gestrigen "Ruhetag" waren alle voll Tatendrang. Zuerst wartete mit dem Passo Tonale ein leichter Straßenübergang auf uns. Jeder sollte sein eigenes Tempo fahren. Als Treffpunkt war das Kriegerdenkmal an der Pass-Höhe ausgemacht. Wie ich mir schon dachte, ging es zum Schluß um die Bergwertung. Ich lag lange Zeit auf einem sicheren zweiten Platz. Als der führende Uli in Sichtweite kam, versuchte ich in einem Zwischenspurt noch aufzuschließen. Doch mit den Punkten für mich wurde es nichts. Sowohl David als auch der immer stärker werdende Matthias fingen mich auf der langen leicht ansteigend Zielgerade noch ab. Matthias überholte schließlich noch Uli kurz vor dem Ziel und war erster am Passo Tonale. Wir diskutierten bei mehreren Capuccini die taktischen Finessen bei Bergankünften und warteten auf Julia und Rüdiger, die ihr Tempo fahren sollten und diesen Anstieg auch ohne Probleme meisterten.

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Downhill am Tonale
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Als nächstes war die lange Abfahrt ins Val di Sole dran. Rüdiger und Julia nahmen die endlos lange Straßenabfahrt, wir anderen zweigten nach ca. 2 km an einem Parkplatz rechts auf eine knackige Schotterpiste ab, die lange durch einen schattigen Wald führte. In Fucine wollten wir uns wieder treffen. Hier beginnt der leichte Teil des Radweges im Val di Sole, den wir gemeinsam bis Dimaro befahren wollten. Am letzten knackigen Gefällestück mit katzenkopfgroßen Steinen stellte Uli dann direkten Körperkontakt mit diesen her. Leicht lädiert, doch frohen Mutes kommentierte er lax: Wo gehobelt wird, fallen Späne. Damit war der Spruch der Tour geboren.
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Felsentürme in der Brenta zum Vergrößern klicken


Rasch radelten wir dann bis nach Dimaro. Hinter uns braute sich etwas am Himmel zusammen. Am Supermarkt wollten wir eh Rast machen, so dass uns der nun einsetzende intensive Regenschauer nicht weiter störte. Bald klarte es wieder auf und wir machten uns auf den Schlußanstieg über 800 Höhenmeter auf Schotter entlang der Felstürme der Brenta-Gruppe. Wir lagen jedoch gut in der Zeit und genossen die anspruchsvolle, doch landschaftlich sehr schöne Auffahrt entlang der Felsenschlucht. Gegen 16.15 Uhr erreichten wir schließlich unsere Quartier im Ortszentrum des legendären Ski-Ortes Madonna di Campiglio. Matteo vom Hotel Arnica hatte über meine Homepage Kontakt zu mir aufgenommen, da er nach Informationen über Transalps in Englisch suchte. In 2002 hatte ich mit meiner Gruppe schon auf der Durchreise kurz Rast gemacht. Bei der diesjährigen Tourplanung war mir klar geworden, dass Madonna eigentlich der ideale Ort für die letzte Übernachtung vor dem Gardasee ist. Das familiär geführte Hotel kann ich nur wärmstens empfehlen.
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7. Tag: Stille Wasser, laute Wasser
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Morgenlicht am Rifugio Cascate
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Der letzte Tag dieser Transalp brachte nochmals
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Lago d'Agola (Uwe) zum Vergrößern klicken
einen strahlend blauen Himmel hervor. Rüdiger und Julia nahmen auf meinen Rat hin die Straßenabfahrt bis Tione in Angriff. Von dort würde sie sein Sohn Mike per Autotransfer nach Dasindo bringen. Der Rest der Gruppe fuhr die klassische Variante des letzten Stücks zum Gardasee. Vorbei am Rif. Cascate mit seinem imponierenden Wasserfall, gefolgt von der leichten Schotterauffahrt zum Lago d'Agola.

Dort wurde am abgestorbenen Baum Rast gemacht und die Schiebepassage zum Passo Bregn de l'Ors in Angriff genommen. An der kleinen Kapelle verschnauften wir noch mal kurz, dann ging es halblinks über einen Trail zum Passo del Gotro. Ab hier beginnt die Belohnung für die Mühen. An der Bergflanke entlang zieht sich ein schöner Wiesentrail bis zur Malga Movlina. Dann folgt ein sagenhafter 10 km langer Schotterdownhill 600 Höhenmeter hinab bis zum Rifugio Brenta, wo die Abfahrt in Asphalt übergeht. Nur 50 Höhenmeter tiefer liegt das Rifugio Ghedina. Eins von beiden kann man als letzte Übernachtung wählen, wenn am letzten Tag eine ganz kurze Etappe zum Gardasee einlegen will.

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Nach dem Lago d'Agola wartet eine kurze, aber heftige Schiebepassage
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Wir rollten heute jedoch nach einer kurzen Pause im Rifugio Brenta (Uli musste Brennstoff nachfüllen) das Tal hinab, an dessen Ende wir nach links die zunächst kaum merkliche ansteigende Straße bis Stenico nutzten. Hier scheint es immer Gegenwind zugeben. Alles nützte nichts, nach Ponte Arche mußten wir
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Holzkreuz (ca. 700 hm über Gardasee)

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wieder auf 400 Höhenmeter hinunter, um dann bis Dasindo in Gluthitze wieder die Straße hinauf zu radeln. Ab hier gibt es zwei Alternativen. Hat man genug Zeit sollte man auf jeden Fall den Weg zum Gardasee über das Val di Lomasone (siehe auch mein Tourbericht Transalp 1996) nehmen. Dabei hat man zwar nochmals eine Schiebepassage von ca. 30 min in Kauf zu nehmen. Der erste Blick auf den Lago beim Holzkreuz in ca. 800 m Höhe entschädigt für die Plackerei allerdings ungemein.

Rüdiger hatte von Dasindo aus per SMS angefragt, ob er schon nach Tenno vorradeln sollte, da die Hitze sehr groß geworden war. Ich bejahte das, da die Schiebepassage wohl ein heftig für ihn und Julia gewesen wäre. Wir rollten also ein ins Val di Lomasone. Matthias' Vorderreifen verlor langsam Luft, kurz vor dem Ziel ein schneller Schlauchwechsel. In fünf Minuten war das vergessen.
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Glückliches Finale
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Bald wurde der Pfad archaisch. Ein Teil des uralten Römerweges (so schloß sich der Kreis zum Tourbeginn) wächst langsam zu. Später wurde es wieder besser, doch schnell so steil, dass eine letzte Schiebepassage nicht zu vermeiden war.

Glücklich erreichten wir schließlich das Plateau auf knapp 1000 Höhenmetern. Ich wußte, das Ziel lag greifbar nahe. 7 Jahre nach der eher verunglückten Transalp von 1996 erreichte ich diesmal das Holzkreuz rund 700 m über dem Gardasee nach sieben Tourtagen voller Eindrücke und mit bestem Wetter sowie ohne sichtliche Zeichen von Erschöpfung.
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Torbole - Strandcafe
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Jetzt ging es nur noch bergab. In Tenno trafen wir wieder zusammen und gemeinsam rollten wir hinunter nach Riva. Glücklich und zufrieden kamen wir schließlich in Torbole am Strandcafe an, wo das Empfangskomitee uns mit gekühlten Prosecco erwartete. Auf diese überaus gelungene Transalp stießen wir gerne an. Ich war froh, dass alles ohne Komplikationen verlaufen war. Jeder erhielt sein verdientes Finisher-T-Shirt und ab ging's ins Hotel Elisabetta.

An den lauen Abenden in Torbole am Gardasee bleibt man natürlich nicht im Hotel. Nach dem obligatorischen Bummel trafen wir am berühmten Strandcafe wieder zusammen. Am schönsten ist es für mich immer wieder, wenn mich meine Familie erwartet. Dann ist die Ankunft nach einem gelungenen Transalp wirklich rund.
Tourdetails: (Roadbook - Höhenprofil - Landkarte)
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Fazit:
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Val di Lomasone (David, Uli) zum Vergrößern klicken
Diese Transalp wurde für mich zu einem besonderen Erlebnis, nicht nur wegen der optimalen äußeren Bedingungen, sondern vor allem wegen der harmonischen Stimmung innerhalb der internationalen Gruppe. Wenn das Wetter mal nicht so gut sein sollte, oder man unterwegs von Pannen geplagt und in Zeitnot sein sollte (wir hatten zum Glück nur zweimal einen platten Reifen) gibt es auf fast jeder Etappe, die Möglichkeit, alternative Beförderungsmittel zu nehmen.

Ein paar kleine Modifikationen der Routenführung noch und in 2004 gibt es den optimalen Super-Transalp. Ich freue mich schon auf euer Interesse.

Da habe ich damals wohl richtig gelegen: 2004 habe ich dann die Albrecht-Route aus der Taufe gehoben.
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Fazit von Julia und Rüdiger:
Wir waren dabei, waren unterwegs mit Andreas Albrecht als Tourguide und netten Bikegefährten. Einen Bericht darüber spar ich mir, denn den hätte Andreas wohl nicht besser schreiben können.

Aber was treibt einem dazu mit dem Bike über die Alpen zu fahren? Daß ich einen Herzschrittmacher trage und mit meinen 53 Jahren nicht mehr zu den Jüngsten zähle, vereinfacht die Sache nun gar nicht. Nach überstandener OP und Reha stand die Frage, bist du jetzt krank oder was soll werden. So fing ich mit den Biken wieder an, es ging immer besser. Die Anforderungen an mich persönlich schraubte ich immer höher. Ich habe das Glück, daß meine Frau mit mir das Hobby teilt und so erlebten wir herrliche Bikeabenteuer im Harz.

Ich erwischte mich immer wieder dabei, daß ich im Internet Seiten über einen Transalp mit besonderer Spannung las. Einmal über die Alpen... Ich würde mir und meiner Frau einen Traum erfüllen, aber wie anstellen? Allein, das gab ich auf, als ich immer intensiver das Thema studierte. So traf ich auf die Seiten von Andreas Albrecht; informativ und mir schien es sehr sachlich und real. Das niemand Hurra schreit, um jemanden mit Schrittmacher über die Alpen zu führen war mir schon klar als ich Andreas anrief. Nach vielen Telefonaten, persönlichem Kennenlernen, zwei gemeinsamen Touren war aus der Hoffnung, die Gewißheit geworden: wir machen das!!! Nach dem grünen Licht trainierten wir, wann es nur möglich war Ausdauer und Bergfahren, trotzdem war da immer der Gedanken Schaffen wir das? 100 Km und 1000 hm waren kein großes Problem mehr, aber 7 Tage am Stück immer am Limit, das hatte ich noch nie erlebt, aber der Ehrgeiz war da und wie sagte Andreas immer "Alles wird gut"

Der Tag an dem alles begann:
Samstag um 10 Uhr, die Anspannung war in mir schon hoch, ich denke meiner Frau Julia ging es eben so. Dazu kam noch, daß sie als einzige Frau mit unterwegs war. Das stellte sich im Nachhinein aber nicht als Problem heraus. Am ersten Tag war mir das Tempo schon sehr hoch und mein Pulsmesser zeigte mir dieses auch. Laut Anweisung vom Doc durfte ich nie längere Zeit über 140 kommen. Das mach mal, wenn zügig gefahren wird. Als Tempomacher stellte sich schnell der Uli heraus, der immer vorn fahren mußte, so daß das Tempo für mich im gelben Bereich lag. Sagen wollte ich aber nichts, es war der erste Tag und die Kraft hatte ich locker,... aber der Puls und schon hatte ich ein kleines Problem...
In Landeck angekommen fühlte ich mich aber noch gut, wußte aber, daß ich nicht jeden Tag in diesem Bereich fahren durfte. Zu Hause habe ich trainiert den Brocken in einem Stück mit einem Puls um die 140 zu nehmen, darauf mußte ich mich besinnen. Am Abend wurde das aber recht freundschaftlich besprochen, so daß es keine Probleme damit mehr gab. Ich sollte mit Julia zusammen immer im Limit bleiben. Andreas fragte auch immer wieder nach ob es noch gut lief, so fuhren wir am nächsten Tag über Ischgl hinauf auf die Heidelberger Hütte. Es war verdammt warm, aber komischer Weise machte mir das gar nicht soviel aus.
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Rüdiger am Fimber-Pass
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Um meinen Kreislauf zu schonen nahmen wir von Ischgl 300 hm mit der Seilbahn, was danach kam war noch schwer genug, aber es ging ganz gut und mein Selbstvertrauen festigte sich mit jedem Höhenmeter, der ich der Hütte näher kam. Das Erlebnis die Landschaft hatte mich so fest gepackt, daß alles andere in den Hintergrund rückte, es gab nur noch den Transalp und den Gedanken ich schaff das... Meine erste Hüttenübernachtung im Massenschlafsaal, hoffentlich kann ich schlafen, morgen kommt ein schwerer Tag. Irgendwie dachte ich noch an einem Tourbericht aus der Mountainbikezeitung (Touren-Special 2003). Der Verfasser hatte vor Erschöpfung Alpträume von Wölfen die ihn hetzten, vielleicht sogar auf demselben Matratzenlager??? Aber neben mir lag Julia und Uwe aus Belgien, und Wölfe sah ich auch nicht. Andreas nahm seine Ohropax, wünschte ein tolles Schlaferlebniss: Alles wird gut......

Der nächste Tag, keine Wölfe in der Nacht, eigentlich gut geschlafen. Frühstück und 400 hm schieben zum Fimberpass, da kommen die müden Knochen in Schwung. Meine erste richtige Passhöhe, da war ich schon ein wenig stolz. Kniffliger Abstieg aber alles machbar und es ging immer besser, ich hatte auch Zeit diese grandiose Landschaft zu genießen. Diesen Anblick der Berge, begreifen wo man eigentlich ist, das kann man, glaub ich, beim ersten mal gar nicht auf einmal verarbeiten. Abends in der Jugendherberge in Santa Maria klang ein faszinierender Biketag aus, den wir ohne Probleme bewältigt haben. Später auf dem Lager gibt der Geist noch keine Ruhe und die Ereignisse ziehen in unregelmäßiger Reihenfolge durch den Kopf. Irgendwann fällst du dann in den Schlaf, gespannt auf den nächsten Tag.
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Glückliches Finale
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Und der fing gleich mit 900 hm an, wir bissen uns dort hoch, der Lohn: " Val Mora". Dieses Tal werde ich wohl nie vergessen können. Das kann man nicht im Reisebüro buchen, diesen Anblick kann man sich nur verdienen. Ein schöner Gedanke, der Mut machte auf mehr. Es sollte aber noch besser kommen. Val di Rezzalo, eine Route die nicht so bekannt ist und uns die schönste Hüttenübernachtung bescherte. Das war Romantik pur, tolles Essen und ein netter Hüttenwirt. Herz was willst du mehr. Alle Zweifel, daß mir mein Gesundheitszustand einen Strich durch die Rechnung machen würde, waren verflogen. Ich fühlte mich gut und fand bestätigt: halte ich die Pulsgrenzen ein, gibt es kein Problem. Unser Team hatte sich zusammengeschweißt und es war schon ein gutes Gefühl in so einer tollen Truppe gemeinsam zu fahren.

Unser Uwe, als Downhillfahrer brachte mir noch so manchen Kniff bei. Auf seiner charmante belgische Art, es mir zu sagen, werde ich mich noch oft erinnern: "Du mußt sehen nicht auf Stein, sondern wohin du willst fahren. Schaust du auf Stein, knallste auch dagegen!" Das merkt man sich dann.

Über den Gavia-Pass nach Ponte di Legno und der Tag klang im italienischen Flair aus. Morgens nach einem guten Frühstück stramm bergauf, der Passo Tonale war das erste Ziel, schön im runden Tritt ging es ohne Schwierigkeiten. Ich hatte meinen Rhythmus gefunden und bin unter 140 den Anstieg gefahren. Das dauert zwar ein paar Minuten länger, aber es ist auch mit Schrittmacher möglich. Andreas fragte immer wieder nach, schien beruhigt zu sein und wußte wohl da schon, daß es gelingen wird. Madonna di Campiglio, das Etappenziel, ein Traum von einem Ort, gutes Hotel, alles im grünen Bereich. Ich war fast am Ziel meiner Wünsche, nur eine Tagesetappe trennte mich noch vom Lago di Garda.

Der letzte Tag bescherte uns wieder Sonne pur, über 30 Grad, eine rasante Abfahrt, doch später sollte ich aber noch auf einer frisch geteerten Straße nach Dasindo hochstrampeln. Trotz Hitze und Teergestank, ich fühlte mich super. In Dasindo war die Hitze fast unerträglich und ich war froh weiter nach Tenno fahren zu können. Nach einer flotten Abfahrt standen wir am Hafen in Riva, wir hatten es geschafft. Ich unterdrückte die Freudentränen und war so stolz wie nie zuvor in meinem Leben, ich es hatte es mir selbst bewiesen, neben mir Julia, die als Frau eine tolle Leistung zeigte. Faszination Berge, der Kampf mit sich selbst, einfach den Schweinehund überwinden, den Wind und Natur genießen, morgens das frische Tal riechen, Eindrücke die man nie vergißt, das alles macht einen Transalp aus. Möglich wurde das alles durch einen eisernen Willen und einen guten Tourguide, sowie einem tollen Team, bei dem wir uns hier nochmals bedanken wollen.

Rüdiger und Julia
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Hintergrundinfo zur Vorbereitung von Rüdiger, der einen Herzschrittmacher trägt
Einen eisernen Willen muss man schon mitbringen, wenn man die Alpen mit dem Mountainbike bezwingen will. Den hat offenbar auch Rüdiger Hampe aus dem Vorharz. Im Dezember des letzten Jahres war sein Entschluß gefaßt: Ich will einen Transalp machen.
Nach einer verschleppten Herzmuskelentzündung und dem dadurch notwendigen Einsetzen eines Herzschrittmachers wollte sich Rüdiger nicht damit abfinden, seine gewonnene Liebe zum Mountainbiken einfach aufzugeben. Zumal er mit dem Harz eines der schönsten Mountainbike-Reviere in Deutschland vor der Nase hat. Also ging es langsam wieder los mit dem biken. Zum Erstaunen seiner Ärzte kehrte die Leistungsfähigkeit zurück.
Der Plan "Transalp" nahm Gestalt an. Durch Recherchen im Internet gelangte Rüdiger dann zum Entschluß, möglichst mich als Tourguide zu gewinnen. Am Anfang war ich schon skeptisch. In vielen Telefonaten gelang es Rüdiger jedoch, dass ich mich mit dem Vorhaben auseinandersetzte. Ich urkundigte ich bei Ärzten, suchte und fand Möglichkeiten einer fundierten Leistungsdiagnostik und radelte schließlich am 29. März bei schönsten Sonnenwetter mit ihm und seiner Frau zusammen auf den Brocken. Von Schierke aus zwar "nur" die alte Straße, aber ein echter Test zu Saisonbeginn war das schon.
Danach war ich soweit überzeugt, dass ich nun ernsthaft die Vorbereitung in Angriff genommen hatte.
Zur Sicherheit unterzog sich Rüdiger auf mein Anraten hin am 17. Mai 2003 noch einer speziellen Leistungsdignostik, die in der renommierten Erfurter Sportklinik Erfurt von Dr. Peter Ullmann (u.a. bereitete sich dort die mehrfache Weltmeisterin und Olympiasiegerin Gunda Niemann-Stirnemann auf ihr Comeback nach der Babypause vor) stattfandt. Der Test verlief zur Zufriedenheit. Die Diagnosewerte zeigten keine Leistungsauffälligkeiten, die auf kardiologische Disfunktionen schließen lassen müßten. Die Leistungsfähigkeit im notwendigen Belastungsbereich ist vorhanden. Ebenso zeigen die Anpassungswerte keine Auffälligkeiten. Das Modell des Herzschrittmachers ist für sportliche Leistungen programmiert. Die Statuswerte insgesamt sind besser als bei vielen Freizeitsportlern. Wichtig ist für Rüdiger streng nach Pulsmesser zu fahren, so daß eine Herzschlagfrequenz von ca. 160 möglichst nicht dauerhaft überschritten wird. Aber das gilt auch für andere Transalpler, die kein Rennen im Sinn haben.
Hinterher haben wir noch zu dritt (seine Ehefrau Julia war auch dabei) von Gotha den Gr. Inselsberg bezwungen. Ein paar knackige Passagen waren dabei, die ohne Probleme gemeistert wurden.

Also ging es mit den Planungen voran. Schließlich ist alles glatt verlaufen. Die Leistungsunterschiede fielen nicht ins Gewicht aufgrund der erprobten Strecke. Erstens hatte ich genauen Überblick, wieviel man für die einzelnen Teilstrecken am Tag veranschlagen musste und zweitens wusste ich über Alternativen (wie Seilbahn oder Autobus) Bescheid. So konnten einzelne Streckenabschnitte entschärft werden. Zur Sicherheit war Rüdigers Sohn Mike mit einem Fahrzeug in der Nähe, auf das er im Befarfsfall zurückgreifen konnte.
Bei entsprechender Vorbereitung stellt also ein Transalp für jemanden mit Herzschrittmacher kein unkalkulierbares Risiko dar, das man nicht eingehen sollte.
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